Schlagwort-Archive: Nakazawa Keiji

Echo der Erinnerung: Das Schicksal der Atombombenopfer in „Struck by black rain”

Der Manga-Künstler Nakazawa Keiji ist vor allem für seine Serie „Barfuß durch Hiroshima” bekannt, in der ein Junge mit den Folgen des Atombombenabwurfs zu kämpfen hat. Dieses Werk ist jedoch bei weitem nicht das einzige, in dem sich Nakazawa mit den Auswirkungen der Bombe beschäftigt hat. Joshua Thrun stellt uns hier das erste Werk dieses großen Mangaka vor, in dem er sich an dieses für ihn sehr persönliche Thema wagte: Kuroi ame ni utarete („Struck by black rain”).

Hiroshima. Fällt der Name dieser bekannten japanischen Präfektur mit der gleichnamigen Hafenstadt, denken wir wahrscheinlich zuerst an die Atombombe, die damals Abertausende von Leben forderte. Der 6. August 1945 war ein weltbewegender Tag voller Leid aufseiten Japans. Auch wenn der Krieg für die Alliierten eigentlich bereits als gewonnen galt, so bestand spätestens an jenem Tag kein Zweifel mehr daran. Am 2. September 1945 folgte die Unterzeichnung der offiziellen Kapitulation des Japanischen Kaiserreichs, die bereits am 15. August in einer Radioansprache durch den Kaiser verkündet worden war. Der Krieg war vorbei, doch das Leid hallte nach, wie ein Echo der Erinnerung.

Für die Überlebenden der Atombombenexplosion, hibakusha (jap. 被爆者, dt. Explosionsopfer) genannt, begann nämlich ein neuer Kampf, der Kampf für Anerkennung und Gleichstellung, nachdem die Opfer alles verloren hatten und Gerüchte ein ganzes Leben bestimmen konnten. Mit eben jenen Schicksalen befasst sich der Mangaka Nakazawa Keiji (中沢 啓治, 1939–2012), welcher selbst in Hiroshima lebte und Überlebender der Atombombenexplosion war. Nakazawa Keiji wurde am 14. März 1939 in Naka-ku, Hiroshima geboren. Noch als Grundschüler war er vor Ort, als die Bombe fiel. Die meisten seiner Familienmitglieder starben bei diesem Unglück, darunter auch sein jüngerer Bruder, seine Schwester und sein Vater; außerdem das neugeborene Geschwisterkind, welches nach dem Bombenabwurf entweder an den Folgen der radioaktiven Strahlung oder an Mangelernährung verstarb. 1961 zog Nakazawa nach Tokyo, wo er zum ersten Mal als Mangaka tätig war. Zuerst hielt er seinen hibakusha-Status geheim, da er der negativen Konfrontation in der Gesellschaft entgehen wollte. Nachdem seine Mutter 1966 verstarb, entschied er sich jedoch, die Folgen für die Betroffenen des Atombombenunglücks in einem Manga aufzuzeigen – die Geburtsstunde von „Struck by black rain” (jap. Kuroi ame ni utarete).

Das Erscheinen des Manga 1968 verlief keineswegs reibungslos. In Japan ist es üblich, dass verschiedene Manga als Serien in einem Magazin aufgenommen werden. Nakazawa war kein sonderlich populärer, jedoch auch kein unbekannter Mangaka und veröffentlichte bereits einige seiner vorherigen Werke unter den führenden Verlagen dieser Zeit. Die Thematik rund um Hiroshima jedoch, die er in „Struck by black rain“ zum ersten Mal in einem Manga illustrierte, war eine schwierige und auch zu einem gewissen Grad eine tabuisierte, sodass die „Big Player“, namentlich Kodansha, Shogakukan, Hobunsha und Shueisha, den Manga nicht in ihren Magazinen aufnehmen wollten. So blieb Nakazawa nichts anderes übrig, als sein Werk in einem unbekannteren Magazin, Manga Panchi, zu veröffentlichen. Dieses bestand zum größten Teil aus freizügigen Manga für Erwachsene und stellte somit nicht die ideale Veröffentlichungsplattform dar. Dennoch erhielt Nakazawa nach dem Erscheinen des ersten Teils des Manga positive Rückmeldungen von anderen Manga-Künstlern und konnte das Werk als Serie mit weiteren Episoden fortsetzen. Echo der Erinnerung: Das Schicksal der Atombombenopfer in „Struck by black rain” weiterlesen

Ore wa mita – Ein Augenzeugenbericht zu Hiroshima in Manga-Form

Abb. 1: Cover der Originalausgabe (aus: Genbaku to inochi, 2013)

Der Manga-Zeichner Nakazawa Keiji ist mit seinem Werk Hadashi no Gen („Barfuß durch Hiroshima“, ab 1973) berühmt geworden. Doch schon vorher hat er sich mit dem Thema auseinandergesetzt: In Ore wa mita verarbeitet der Künstler seine eigenen Erlebnisse als Zeuge des Atombombenabwurfs auf Hiroshima. Felix Naumann stellt dieses wichtige Werk vor.

Der bekannte Manga-Autor Nakazawa Keiji verarbeitet in seinem 1972 erschienenen Werk Ore wa mita おれは見た, zu Deutsch: „Ich hab’s gesehen“, seine Erlebnisse als Überlebender und Augenzeuge des Atombombenabwurfs über Hiroshima am 6. August 1945. Nakazawa war dabei so nahe am Geschehen, dass er gestorben wäre, hätte nicht eine dicke Steinmauer seinen Körper von der ausstrahlenden Hitze der Atombombe abgeschirmt.

Die Originalfassung in Schwarz-Weiß erschien in der September-Ausgabe des beliebten Manga-Magazins Shōnen Jump im Jahre 1972. Als Titelbild wählte Nakazawa sein eigenes entsetztes Gesicht, das den Schrecken des Atombombenabwurfs einfängt (Abb. 1). Darüber steht der Satz: „Eine schockierende Autobiographie, gezeichnet mit dem Stift des Blutes“. Im Dezember 1982 erschien eine colorierte und teilweise gespiegelte englische Fassung unter dem Titel „I saw it“ in den USA beim Verlag Educomics.
Ore wa mita – Ein Augenzeugenbericht zu Hiroshima in Manga-Form weiterlesen

In Comics, one feels the constant tension between what can be contained within the frame and what cannot be contained within it – both in terms of historical realities and in terms of the burden of expressing these realities. Comics make readers aware of what can be pictured and what cannot be pictured.

Hillary Chute, Disaster Drawn: Visual Witness, Comics, and Documentary Form (Harvard University Press 2016), S. 140.

Ein Manga als Trauma-Verarbeitung: Barfuß durch Hiroshima

Cover der deutschen Ausgabe (Carlsen-Verlag)
Cover der deutschen Ausgabe (Carlsen-Verlag)

Nakazawa Keiji schuf mit „Barfuß durch Hiroshima“ ein Monumentalwerk über den Atombombenabwurf in Hiroshima – und das in Form eines Manga. Katharina Dargatz erklärt in diesem Artikel, wie der Mangaka die Eigenheiten des Mediums nutzt und so sein eigenes Trauma verarbeitet. 

Jedem, der sich schonmal mit Japan beschäftigt hat, ist dieses Datum ein Begriff: 6. August 1945, der Tag des Abwurfes der Atombombe „Little Boy“ über Hiroshima.
Hadashi no Gen はだしのゲン oder „Barfuß durch Hiroshima“ von Nakazawa Keiji (1939–2012) behandelt eben jenen schicksalhaften Tag in Form eines Mangas. Der Autor erzählt, wie er und seine Familie den Abwurf der Bombe erlebt haben und wie sich ihr späteres Leben als Atombombenopfer (hibakusha) gestaltete.

Der Manga ist eine detaillierte Fassung des Werkes Ore wa mita おれは見た („I saw it“), eines kurzen Manga, den Nakazawa 1972 fertigstellte. Die Veröffentlichung von Hadashi no Gen begann 1973 und zog sich über viele Jahre durch verschiedene Magazine; unter anderem war sie auch in dem weltberühmten „Shônen Jump Magazin“ präsent. Insgesamt erschien „Barfuß durch Hiroshima“ in Japan in zehn Sammelbänden, in Deutschland sind davon vier in Übersetzung erschienen (im Carlsen-Verlag, westliche Leserichtung).
Die Erlebnisse Nakazawas sind heute nicht nur als Manga, sondern auch als Anime-Verfilmung in zwei Teilen, als Roman, Bilderbuch usw. adaptiert worden.  Ein Manga als Trauma-Verarbeitung: Barfuß durch Hiroshima weiterlesen