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Die Atombomben im Manga: Erinnerung an das Leid der Opfer

Manga sind für die Auseinandersetzung mit den Atombombenabwürfen in Japan ein zentrales Medium. Die Erinnerung an den Schrecken der Bombe und die Folgen bringen heute viele Menschen mit den Werken von Nakazawa Keiji in Verbindung, der selbst Opfer des Abwurfs auf Hiroshima wurde und seine Erfahrungen in Werken wie „I saw it“ (Ore wa mita, 1972) oder „Barfuß durch Hiroshima“ (Hadashi no Gen, 1973–1987) verarbeitet hat. Anfang der 2000er Jahre ist mit Kôno Fumiyos „Town of Evening Calm, City of Cherry Blossom“ ein Werk erschienen, das den Fokus auf die langfristigen Nachwirkungen der Bombenabwürfe legt und zwei Geschichten aus weiblicher Perspektive erzählt. Margarethe Betz stellt uns diesen Manga hier vor.

Die Ereignisse des zweiten Weltkrieges wurden und werden in Japan zahlreich in Medien wie Literatur, Kunst, Film und Manga verarbeitet. Häufig nimmt Japan in diesen Werken eine Opferrolle ein. Der Fokus solcher Geschichten ist oft das Ende des Krieges; Japans Taten vor und während des zweiten Weltkrieges finden oft keine Erwähnung und promilitärische Einstellungen dieser Zeit werden selten hinterfragt. Vor allem die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, die sehr prägend für die politische, soziale und kulturelle Erinnerung Japans waren, werden oft in solchen Werken aufgegriffen. Eine solche Auseinandersetzung mit der Thematik stellt der Manga „Town of Evening Calm, City of Cherry Blossom“ dar.

„Town of Evening Calm, City of Cherry Blossom“, (jap. Yûnagi no machi, sakura no kuni), von Kôno Fumiyo befasst sich mit den Folgen, die der Atombombenabwurf auf Hiroshima auf die Zivilbevölkerung hatte. Der Manga erschien 2003 bis 2004 in der seinen-Zeitschrift Manga Action, die dem Verlag Futabasha angehört. 2004 wurde er in einem Sammelband veröffentlicht, der ins Englische, Französische, Spanische, Portugiesische, Koreanische und Chinesische übersetzt wurde. Die Rezeption des Werkes war überwiegend positiv, sowohl innerhalb Japans als auch im Westen, und wurde zahlreich in verschiedene Medien adaptiert. Er erhielt 2004 den Grand Prize des Japanese Media Arts Preises und gewann 2005 den Newcomer Award des Osamu-Tezuka Kulturpreises.

Die Autorin, Kôno Fumiyo wurde 1968 in Hiroshima geboren. Sie zog nach ihrem Studium nach Tokyo, um dort als Mangaka tätig zu sein. Sie selbst ist keine hibakusha (Überlebende der Atombombenabwürfe) und hat keine Familienangehörigen, die direkte Opfer des Atombombenabwurfs waren. Das Werk ist somit keine Verarbeitung ihrer eigenen Erfahrungen, und bei den Figuren, die darin vorkommen, handelt es sich nicht um real existierende Personen. Obwohl sie selbst nicht von der Bombe betroffen war, schreibt sie im Nachwort, dass es trotzdem immer ein sehr sensibles Thema für sie war und sie dem Zeichnen dieses Mangas zunächst skeptisch gegenüberstand. Ihr Entschluss, ihn dennoch zu zeichnen kam daher, dass es ihrer Meinung nach außerhalb von Nagasaki und Hiroshima nicht ausreichend Aufklärung über die Auswirkungen und Nachwirkungen des Vorfalls gab. Somit ist das Ziel ihres Werkes, vor allem junge Personen, die außerhalb dieser Regionen leben, über die Folgen aufzuklären. Zu diesem Zweck folgen der Geschichte im Sammelband sowohl ein Nachwort, in dem sie über Beweggründe für das Zeichnen des Mangas spricht, als auch Erklärungen der Autorin, Quellen und eine Karte des Zentrums der Stadt Hiroshima, auf der wichtige, in der Erzählung erwähnte Orte markiert sind. Diese tragen nicht nur zur Authentizität des Werkes bei, sondern sollen den Leser auch dazu anregen, sich mit dem Thema stärker auseinander zu setzten. So lassen sich im Quellenverzeichnis des Werkes viele visuelle Quellen (Manga, Filme, Bildersammlungen, etc.) finden, die vor allem für die durchschnittliche Leserschaft weitaus interessanter und zugänglicher sein dürften als wissenschaftliche Texte und Bücher.  Die Atombomben im Manga: Erinnerung an das Leid der Opfer weiterlesen

Ore wa mita – Ein Augenzeugenbericht zu Hiroshima in Manga-Form

Abb. 1: Cover der Originalausgabe (aus: Genbaku to inochi, 2013)

Der Manga-Zeichner Nakazawa Keiji ist mit seinem Werk Hadashi no Gen („Barfuß durch Hiroshima“, ab 1973) berühmt geworden. Doch schon vorher hat er sich mit dem Thema auseinandergesetzt: In Ore wa mita verarbeitet der Künstler seine eigenen Erlebnisse als Zeuge des Atombombenabwurfs auf Hiroshima. Felix Naumann stellt dieses wichtige Werk vor.

Der bekannte Manga-Autor Nakazawa Keiji verarbeitet in seinem 1972 erschienenen Werk Ore wa mita おれは見た, zu Deutsch: „Ich hab’s gesehen“, seine Erlebnisse als Überlebender und Augenzeuge des Atombombenabwurfs über Hiroshima am 6. August 1945. Nakazawa war dabei so nahe am Geschehen, dass er gestorben wäre, hätte nicht eine dicke Steinmauer seinen Körper von der ausstrahlenden Hitze der Atombombe abgeschirmt.

Die Originalfassung in Schwarz-Weiß erschien in der September-Ausgabe des beliebten Manga-Magazins Shōnen Jump im Jahre 1972. Als Titelbild wählte Nakazawa sein eigenes entsetztes Gesicht, das den Schrecken des Atombombenabwurfs einfängt (Abb. 1). Darüber steht der Satz: „Eine schockierende Autobiographie, gezeichnet mit dem Stift des Blutes“. Im Dezember 1982 erschien eine colorierte und teilweise gespiegelte englische Fassung unter dem Titel „I saw it“ in den USA beim Verlag Educomics.
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