
Nachdem Johanna euch schon etwas über die japanische Band Perfume erzählt hat, möchte ich euch noch ein paar weitere Einblicke in das vielfältige J-Pop-Genre geben. Denn J-Pop besteht auch aus zahlreichen guten Solo-Künstlerinnen, von denen ich euch einige in diesem Artikel vorstellen werde.
Doch vorerst eine kleine Begriffserklärung: Was ist eigentlich J-Pop?
Grundsätzlich bezeichnet J-Pop erst mal Musik, die in japanischer Sprache gesungen wird. Dabei ist J-Pop ein ganz eigenes Genre an sich, da es sowohl für Pop-, Rock-, Elektro -, als auch Hip-Hop-Musik und zahlreichen Subgenres stehen kann. Ein Universalbegriff für japanische Musik also? Nein, ganz so einfach ist es dann wohl doch nicht.
Vorläufer des J-Pop war das sog. Kayōkyoku (jap. 歌謡曲; Schlager), welches sich in der Shōwa-Zeit in Japan als Populärmusik etablierte. Im Gegensatz zu Enka, konzentrierte man sich beim Kayōkyoku besonders auf den emotionalen Gesang, welcher bei beiden Musikarten jedoch vollkommen auf traditionell japanischer Sprache basierte.
In den 90er Jahren kamen dann verschiedene Elemente aus der englischen Sprache hinzu. Japanische Wörter wurden anders ausgesprochen, sodass sie Englisch klangen oder gar durch das reine englische Wort ersetzt. Die japanischen Medien führten nun den Begriff J-Pop ein, um japanische Musik von ausländischer Musik abzugrenzen.
Ein wichtiger Star aus den 90er Jahren, und somit den Anfängen des J-Pop, ist Namie Amuro (安室 奈美恵, geb. 20. September 1977 in Naha, Okinawa). Ihre Musikkarriere begann 1992, als sie mit einigen Klassenkameradinnen die Band „Supermonkeys“ gründete. 1995 begann sie dann ihre Solokarriere. Ihr erstes Studioalbum „Sweet 19 Blues“ galt zur damaligen Zeit als das erfolgreichste Album einer Frau in Japan. Bis 1997 war Amuro der erfolgreichste J-Pop Star in Japan, doch auch noch heute kann sie massenhaft Erfolge für sich verbuchen. Hier kann man in ihr aktuelles Album FEEL reinhören.

Abgelöst wurde Amuro Ende der 90er Jahren von Ayumi Hamasaki(浜崎 あゆみ, geb. 2. Oktober 1978 in Fukuoka), die wahrscheinlich so gut wie jedem von uns ein Begriff ist. Ihr Debüt hatte die damals 20-Jährige mit der Single „Poker face“, doch der große Erfolg zog sich noch etwas hin. Den endgültigen Durchbruch schaffte sie mit ihrer 7. Single „Love: Destiny“. Von da an waren sowohl ihre Alben, als auch Extended Plays und Singles ganz oben in den Charts vertreten. Von 2002 bis heute erreichte jede ihrer Singles den ersten Platz der Charts, somit hat Hamasaki bis jetzt 25 Nummer-Eins-Hits in Folge. Generell haben sich seit ihrem Debüt über 50 Millionen Tonträger von ihr allein in Japan verkauft, somit ist sie die meistverkaufende Solokünstlerin in Japan überhaupt. Aufgrund ihres hohen Erfolges und Beliebtheitsgrades wird sie oft als „Kaiserin des J-Pop“ bezeichnet.
Hier ein Zusammenschnitt von ihrem aktuellen Album LOVE again
Auch wenn der Begriff J-Pop eingeführt wurde, um japanische Musik von Ausländischer zu unterscheiden, ist es letztendlich jedoch egal, aus welchem Land ein J-Pop Künstler kommt. BoA Kwon zum Beispiel, welche ursprünglich aus Südkorea stammt (クォン·ボア, geb. 5. November 1986 in Guri), ist ebenfalls eine sehr populäre J-Pop Künstlerin, da sie Singles und Alben sowohl auf Koreanisch als auch Japanisch veröffentlicht. BoA spielt generell eine sehr große Rolle in der Beziehung zwischen Japan und Korea, denn sie ist die erste Künstlerin aus ihrem Heimatland, welche große Erfolge in Japan erzielen konnte und dort ihren Durchbruch schaffte. Da der Import und Export zwischen beiden Ländern seit dem Ende des zweiten Weltkrieges immer noch sehr streng vor sich ging, lockerte sich die Situation, u.a. nachdem BoA in Japan berühmt würde (hier im Blog gibt es auch einen Artikel zur Korea-Welle). Generell ist BoA, mit zwei Alben die sich in Japan jeweils über eine Million Mal verkauften und 6 Alben die aufeinander folgend den ersten Platz der Oricon-Charts für sich verbuchen konnten (das gelang bisher nur Hamasaki und Koda Kumi), der erfolgreichste ausländische J-Pop Act in Japan.
Nicht selten ist es außerdem, dass japanische Sängerinnen Ihre Musik im Anime/Videospiel/Werbung-Bereich vermarkten. Viele Anime Openings werden von japanischen Stars gesungen. Amuro steuerte z.B. den Song zum 14. One Piece Opening, Fight Together, bei.
Auch Kumi Koda (倖田 來未, geb. am 13. November 1982 in Kyōto) schaffte ihren musikalischen Durchbruch erst mit ihrer Single „Real Emotion / 1000 no Kotoba“, die am 3. Mai 2003 erschien. Vielen von uns sind die Lieder wahrscheinlich aus dem Videospiel Final Fantasy X-2 bekannt. Ihre Debütsingle erschien eigentlich schon im Dezember 2000, doch erst nach nachdem sie Yuna aus Final Fantasy X-2 ihre Songs lieh, und auch die Tanzsequenz zu Beginn des Spieles beisteuerte, begann ihre musikalische Karriere. Seitdem ist sie vor allem im Hip-Hop- und R&B-Bereich äußerst erfolgreich und besonders für ihr freizügiges Image bekannt.
Werbung für Koda Kumis DVD zu ihrer JAPONESQUE Tour
Unter Vertrag stehen alle von mir vorgestellten Sängerinnen übrigens bei Avex Trax, welches sich als größtes Label im Bereich J-Pop etablieren konnte.
Natürlich gibt es noch zahlreiche andere J-Pop Sängerinnen, die ich hier nicht aufgezählt habe und fantastische Musik machen, u.a. Hikaru Utada, oder Ai Ōtsuka . Schlussendlich ist es wohl auch einfach Geschmackssache.
Was ich persönlich als etwas extem empfnde, ist, wie stark J-Pop-Künstler gerade im asiatischen Raum vermarktet werden. In so kurzer Zeit so viele Alben, Singles, Extendes Plays und PV’s (Promotional Videos) zu veröffentlichen ist schon sehr enorm. Alleine Ayumi Hamasaki hat innerhalb von 15 Jahren über 100 Musikvideos gedreht. Mich interessiert, in wie fern ich alleine mit dieser Meinung dastehe. Es besteht schon ein großer Unterschied zu der amerikanischen Musikindustrie. Manchmal kommt es mir so vor, als ob japanische Popstars keine Minute zum Durchatmen bekommen. Wie seht ihr das Ganze?
Vielen Dank für den informativen Artikel, der unsere letzte Sitzung gut ergänzt! Zu Ihrem Diskussionsanstoß: Ich denke mal, dass auch Stars in anderen Ländern kaum eine freie Minuten haben, gerade wenn sie sehr erfolgreich sind und viel auf Tour sind. Sicher gibt es aber Unterschiede in der Vermarktung. Wenn man dem Text von Galbraith/Karlin folgt, scheint sich Musik in Japan immer noch gut zu verkaufen, auch in CD-Form, während in USA/Europa Konzerte die Haupteinnahmequelle für das Musikbusiness geworden sind. Vielleicht gibt es deshalb immer noch so einen großen Output an Singles/Videos etc.? Ist aber nur eine Vermutung …
Der Abriss zum J-Pop im Allgemeinen ist ein bisschen zu kurz gegriffen. Vor allem der Absatz: „In den 90er Jahren kamen dann verschiedene Elemente aus der englischen Sprache hinzu. Japanische Wörter wurden anders ausgesprochen, sodass sie Englisch klangen oder gar durch das reine englische Wort ersetzt. Die japanischen Medien führten nun den Begriff J-Pop ein, um japanische Musik von ausländischer Musik abzugrenzen.“ ist nicht ganz korrekt. Diese Beeinflussung begann schon massiv 10 Jahre früher. Der gesamte Bereich des City-Pop der 80er ist von starken englischen Einflüssen geprägt. Dieser legte auch den Grundstein für das gesamte Genre des J-Pop. Auch die Verschmelzung mit der Anime-Kultur ist bereits in den 80ern anzusiedeln, „Priss and the Replicants“ aus der Anime-Serie „Bubblegum-Crisis“ sind hier ein prominentes Beispiel.
Dankeschön für die Ergänzung! Unsere Studierenden lernen gerne noch etwas dazu 🙂