„Ich cosplaye am liebsten die Charaktere, die ich liebe.“

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Kazekami als Darth Maul. Foto von kashikosa (Animexx)

Cosplay bringt Menschen zusammen und viele können dabei ihre kreative Ader ausleben. Allerdings ist dieses Hobby noch immer nicht alltäglich und man wird oft schief angeschaut, wenn man auf dem Weg zu einer Convention ist.

Im Folgenden hab ich Wettergott und Kazekami interviewt, die uns so einen kleinen Einblick in ihr Leben als Cosplayer gewähren.

Hallo ihr beiden. Könnt ihr euch kurz vorstellen?

Hallo an alle!
Wir sind Kazekami, 24 jähriger VWL-Student aus Freiburg und Wettergott, 23, Lehramtsstudentin, ebenfalls aus Freiburg.

Wie seid ihr zum Cosplay gekommen und seit wann betreibt ihr das Hobby?

Kazekami: Ich cosplaye seit 2010 und bin durch meine Freundin Wettergott dazu gekommen.

Wettergott: Mittlerweile sind es schon 10 Jahre, seitdem ich auf meiner ersten kleinen Con war. Mit cosplayen habe ich erst etwas später angefangen, dank meiner besten Freundin von damals. Sie hat mich für das Hobby begeistert und mich überall hin mitgenommen. Ich denke, wenn sie mir das Hobby nicht so schön gemacht hätte wäre ich längst nicht mehr dabei.

 Wie stehen Familie und Freunde dazu?

Kazekami: Sowohl die Hälfte meiner Freunde als auch die Hälfte meiner Familie weiß davon nicht (dazu gehört auch mein Vater). Der Rest findet das Hobby interessant.

Wettergott: Bei mir verhält es sich ähnlich: ich finde es in der Tat besser Kontrolle darüber zu haben, wer über mein Hobby Bescheid weiß und wer nicht. Ich fände es zum Beispiel äußerst unpassend, wenn mein Arbeitgeber darüber Bescheid wissen würde. Ich möchte einfach in der Lage sein, seriös zu wirken wenn ich es brauche. Man kann leider nicht leugnen, dass unser Hobby immer noch einiges an Stirnrunzeln hervorruft und ich möchte gerne erst einmal die Leute kennen lernen, bevor ich von ihnen abgestempelt werde. Aber ich denke der größte Teil meiner Freunde weiß darüber Bescheid, sowie der ganze Teil meiner Familie mit dem ich etwas zu tun habe. Was die Leute davon halten ist eigentlich ziemlich einheitlich: sie finde es toll!

Gab es schon negative Reaktionen? Wenn ja, auch von Freunden und Familie?

Kazekami: Ja, ich habe auch von schon guten Freunden sehr negative Reaktionen bekommen. Kommentare wie „es sei dumm und lächerlich“ kamen auch schon vor. Seitdem bin ich vorsichtiger damit, anderen von diesem Hobby zu erzählen.

Wettergott: Um ehrlich zu sein,  nicht so wirklich. Da ich immer im Voraus herausfinde, wie tolerant die Leute sind und mir somit überlege, ob ich mein Hobby erwähne, habe ich eben die Möglichkeit mich vor negativen Reaktionen zu schützen und somit auch mein Bild aufrecht zu erhalten bei jenen Leuten, die nicht in meinem Freundeskreis sind aber an denen man nicht vorbei kommt (Kommilitonen, Arbeitgeber…)

 Was war die beste oder interessanteste Erfahrung die ihr gemacht habt? Oder ein Highlight?

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Wettergott als Chichi, Kazekami als Son Goku, Ich als Son Goten. Foto von Green_Lantern (Animexx)

Kazekami: Es ist immer eine interessante Erfahrung, wenn man neue Menschen trifft und sich auf Anhieb versteht oder Menschen, welche nicht mal unbedingt etwas mit dieser Szene zu tun haben, auf einen zugehen und sich über das Cosplay freuen. Die schönsten Erfahrungen hatte ich mit Darth Maul und Goku, wo Kinder und Jugendliche allen Alters auf mich zukamen und Fotos mit mir haben wollten.

Wettergott: Mein schönstes Erlebnis war auf der Connichi vor zwei Jahren. Wir haben zwei Nebencharaktere aus einem zu diesem Zeitpunkt sehr populären Anime gecosplayed. Da unsere Charaktere nicht sehr oft vertreten waren, haben wir einigen Besuchern sehr viel Freude bereitet. Darunter waren zwei Japanerinnen, die uns ansprachen, weil ihre Lieblingscharaktere gecosplayed haben und sie sich sehr gefreut haben. Die Sprachbarriere sorgte dann für etwas peinliche Stimmung. Jedoch haben sie uns umarmt und sind dann grinsend wie Honigkuchenpferdchen davon gegangen. Ich finde es einfach super, wie unser Hobby die verschiedensten Menschen zusammenbringt und Freude verbreitet.

Auf wie viele Conventions im Jahr geht ihr? Mögt ihr liebe kleine oder große Conventions?

Kazekami: Es sind meistens 4-6, wobei es auf die Prüfungen ankommt. Für mich haben sowohl größere, als auch kleinere Conventions ihren eigenen Charme. Auf Größeren trifft man mehr alte und neue Freunde und Fotographen, man bekommt mehr Resonanz für ein Kostüm und hat in der Regel auch bessere Locations. Allerdings sind viele auch stark überfüllt, in der Regel ist der Tagesablauf hektischer und wenn man nicht aufpasst, können in der Menschenmenge Teile des Cosplays kaputt gehen. Kleine Conventions sind normalerweise viel lockerer, man hat mehr Zeit für bestimmte Personen und am Ende des Tages fühlt man sich auch nicht so ausgelaugt.

Wettergott: Auch hier würde ich mich bei dem meisten anschließen. Jedoch muss ich sagen, dass kleine Treffen ihren Reiz für mich verloren haben: die dort vertretene Altersgruppe entspricht nicht mehr meiner und dementsprechend fühle ich mich da fehl am Platz. Generell muss ich sagen ist für mich Cosplay ein Hobby, welches nur dann viel Spaß macht wenn man es mit Freunden betreibt. Ich gehe also gerne auf große Conventions, weil ich dort viele meiner Freunde treffen kann.

Wie viel Geld gebt ihr ungefähr pro Cosplay aus?

Kazekami: Diese Frage ist schwierig. Es kommt auf die Größe des Projekts an. Normalerweise würde ich sagen 100-200 Euro, was im Vergleich zu anderen Cosplayern noch sehr wenig ist.

Wettergott: Genau, je nach Einfachheit des Kostüms bleibt es meistens nicht bei weniger als 80 Euro. Wenn man überlegt, dass die Hälfte davon meistens schon alleine für Kontaktlinsen und Perücke ausgegeben wird lässt sich erahnen, wie leicht die Ausgaben für ein Kostüm in die Höhe schnellen.

Näht und bastelt ihr alles selbst? Was davon macht ihr lieber und warum?

Kazekami: Ich bastle alles selbst. Beim Nähen hilft mir meine Freundin. Mir macht der Umgang mit Holz, Lack und Werkzeugen einfach mehr Spaß, als mit Stoff, Nadel und Faden.

Wettergott: Ich bin die große Näherin von uns beiden! Mir macht es einfach wahnsinnig viel Spaß zu sehen, was in kurzer Zeit alles entstehen kann aus Stoffen. Ich habe nicht viel Geduld und deswegen nervt mich das Warten bis der Lack trocknet oder ähnliches nur… Außerdem appliziere ich super gerne Details auf Kostüme und erfreue mich an jeder einzelnen Perle die ich an mein Kostüm anbringen kann. Meistens mache ich auch ein bisschen mehr als auf der Vorlage, einfach weil ich es so liebe! Und klar mache ich alles selbst, darin liegt ja der ganze Spaß. Herauszufinden wie ich ein Kleidungsstück am besten umsetzte und die Freude darüber wenn es klappt, was will man mehr?

Wie viel Freizeit opfert ihr für euer Hobby? Vereinbart es sich gut mit der Uni/Arbeit?

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Wettergott als Zuko. Foto von Katapon Photo (Facebook)

Kazekami: Man arbeitet immer mal wieder an seinen Projekten, wenn man die Zeit und die Muse dazu hat. Dementsprechend stelle ich dieses Hobby auch hinter die Uni, was die Vereinbarkeit sehr vereinfacht. Manchmal arbeite ich mehrere Stunden pro Tag, manchmal wiederum gar nicht. Ich würde schätzen, dass ich so 3-7 Stunden pro Woche.

Wettergott: Ich muss gar nichts opfern, im Gegenteil. Ich versuche Cosplay so als Gegenstück zu meinem ansonsten sehr Akademisch geprägten Uni-Leben zu sehen und genieße es echt, jeden Tag ein bisschen was mit meinen Händen machen zu können, anstatt immer nur mit meinem Kopf. Dementsprechend sitze ich jeden Tag (wenn es geht natürlich, zum Beispiel nicht während Klausurzeiten…) ein bisschen an meinen Kostümen.

Was ist euer Lieblings-Cosplay? Warum?

Kazekami: Definitiv Goku und Darth Maul aufgrund der oben genannten Highlights. Es war ein wunderbares Gefühl für einige wenige Momente der Held für diese Kinder zu sein. Die vielen strahlenden Augen, werde ich niemals vergessen.

Wettergott: Bei mir ist es echt schwer zu sagen, da ich einfach viele Kostüme habe. Ich würde sagen Zuko aus Avatar und Chichi aus Dragonball sind so meine Eckdaten. Ich liebe Zuko einfach wie keinen zweiten Charakter, es macht mir wahnsinnig viel Spaß ihn darzustellen und als er mit den Leuten zu interagieren. Zuko ist für mich einer der Charaktere, der sich am meisten Wandelt im Laufe der Serie und dessen Suche nach sich selbst etwas ist, mit dem ich mich sehr stark identifizieren konnte. Bei Chichi kommt das Partner-Cosplay Bonus dazu: ich liebe meinen Freund, ich liebe ihn als Goku, ich liebe Goku (Kindheitsheld Nummer 1) und ich liebe es an seiner Seite sein zu können wenn wir die Kostüme tragen. Außerdem macht es auch sehr viel Spaß Chichi zu spielen.

Gibt es ein Cosplay das ihr irgendwann unbedingt machen möchtet?

Kazekami: Ein vermutlich unerfüllbarer Traum ist für mich „der unsterbliche Zodd“ aus dem Manga Berserk.

Wettergott: Meine Träume sind da etwas bodenständiger. Ich denke Midna aus The Legend of Zelda- Twilight Princess ist ein lang gehegter Traum, aber meine Träume sind keine, die ich nicht realisieren kann.

Cosplayt ihr lieber Anime/Manga, westliche Comics oder reale Personen?

Kazekami: Favorisiert Anime und Manga, da mir die Charaktere meistens sympathischer und/oder interessanter sind. Das Design ist abwechslungsreich und die Geschichten fesseln einen so sehr, wie ich es noch nie in einem Comic gesehen habe. Warum man reale Personen cosplayt habe ich noch nie verstanden 😀

Wettergott:  Eindeutig Anime/Manga Charaktere. Was Comics angeht, so muss ich zugeben dass sie mich einfach nicht fesseln: Klar, die Charaktere sehen cool aus, sind stark und haben eine Geschichte, aber die meisten Geschichten sind nicht so erzählt, dass sie mich mitreißen oder ich ein genaues Bild davon habe, wie der Charakter tickt (mal abgesehen von der Stereotypen-Kiste, aus der viele irgendwie entspringen).

An Wettergott: Wie stehst du zu Crossplay? Machst du es gerne und cosplayst du lieber Frauen oder Männer?

Crossplay ist immer so eine Sache: es funktioniert super in eine Richtung, in die andere nur bedingt.  Frauen haben es sehr viel leichter, Männer darzustellen wie umgekehrt. Das liegt vor allem daran, dass man mit Make-up  Männlichkeit hindichten kann,  aber man kann sie nur sehr schlecht verdecken. Ich habe absolut nichts gegen irgendeine Art von Crossplay, vorausgesetzt es ist gut gemacht. Ich finde es nur dann schlimm, wenn man Männer in kurzen Röcken sieht mit voller Beinbehaarung… Das passt einfach nicht, genauso wenig wie, wenn eine Frau versucht einen Mann darzustellen, aber viel zu weibliche Gesichtszüge hat und sich nicht entsprechen schminkt. Persönlich macht es mir echt Spaß, was aber auch und vor allem an den Charakteren liegt: es gibt meiner Meinung nach nur sehr wenige weibliche Charaktere, die aus der üblichen Stereotypenkiste ausbrechen und dementsprechend reizt es mich nicht. Was ich nun lieber cosplaye ist eine gute Frage, aber auch hier würde ich sagen: Ich cosplaye am liebsten die Charaktere, die ich liebe!

An Kazekami: Würdest du Crossplay machen?

Nein, niemals.

Wie würdet ihr Cosplay für euch definieren? Was bedeutet es euch?

Kazekami: Die Kunst auf kreative Art und Weise ein so originalgetreues Abbild eines fiktiven Charakters sowohl optisch, als auch theatralisch darzustellen.

Wettergott: Für mich ist Cosplay einen fiktiven Charakter zum Leben zu erwecken!

Was ist als nächstes geplant?

Kazekami: Jax aus League of Legends, Jekkt aus Final Fantasy 10 und eine neue Version von Goku Dragonball.

Wettergott: als aller erstes werde ich Fynn aus Jeanne die Kamikaze Diebin fertig machen, danach diverse Pokémon-Cosplays, aber auch eine neue Zuko Version plane ich für dieses Jahr, sowie was eigenes zu Chichi aus Dragonball. Und eventuell noch Midna, wenn ich bis dahin genug abgenommen habe und mit meinem Körper zufrieden bin!

Danke, dass ihr euch die Zeit für das Interview genommen habt und auch  nochmal Danke an die Fotografen, die die Bilder zur Verfügung gestellt haben.

7 Gedanken zu „„Ich cosplaye am liebsten die Charaktere, die ich liebe.“

  1. Vielen Dank für diesen interessanten Einblick ins Leben zweier Cosplayer – dein Interview ist strukturiert und auch die Fragen sind gut gewählt worden.

    Du schaffst eine natürliche, vertraut-familiäre Atmosphäre, die bei den gewohnten Gesprächen zwischen Reporter und Cosplayer selten zustande kommt. Was sich dadurch erklären lässt, dass du kein Interesse daran hegst, sie vorzuführen, sondern ihnen die perfekte Gelegenheit gibst, ihr Hobby einmal in Ruhe vorzustellen.
    Gerade der Aspekt mit dem Kontrast zwischen privatem Vergnügen und Seriosität im Arbeitsleben hat mich schmunzeln lassen. Wer kennt das nicht?
    Generell bietet einem dein Interview einen gelungenen Überblick über die persönlichen Beweggründe, ein Cosplayer zu sein. Von der Begeisterung, einen Charakter ins Leben zu rufen, bis hin zur Faszination, aus unscheinbaren Materialien Großes zu erschaffen. Auch die unterschiedlichen „Typen“ beim Cosyplayen kommen in deinem Beitrag zum Vorschein – so mag die eine das Basteln, die andere bevorzugt das Nähen.
    Mir gefällt, wie du den Gender-Aspekt erwähnst, der in der Cosplay-Gemeinde durch Crossplay immer wieder verarbeitet wird und als schon fester Bestandteil der Szene gesehen werden kann. Natürlich gibt es auch dort, wie bei so vielen Themen, persönliche Präferenzen, wie es aus dem Interview ja bereits hervorgeht, und man dennoch von einer allgemeinen Akzeptanz anstatt Ablehnung sprechen kann, sofern das „Crossplay“ gut umgesetzt wird.

    1. Danke für deinen netten Kommentar! 🙂

      Ich denke diese familiäre Atmosphäre konnte ich aber auch nur schaffen, da ich auch gut mit den beiden befreundet bin und dann allein schon ein anderes Vertrauensverhältnis besteht, als wenn man von einem Fremden interviewt wird bzw. jemand Fremden interviewt.

  2. Vielen Dank für das tolle Interview! Frau Schnückel hat schon viel Positives darüber geschrieben, dem ich mich nur anschließen kann. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es gar nicht so einfach ist, ein Interview so zu gestalten, dass es für das Zielpublikum gut lesbar ist und die Sprache trotzdem noch authentisch klingt. Daher habe ich umso mehr Respekt vor der lebendigen und unterhaltsamen Gestaltung, die Sie uns hier präsentieren.

    Inhaltlich fand ich es auch sehr interssant – die Aussagen von Wettergott bestätigen wieder einmal den Eindruck, dass es doch oft noch an wirklich spannenden weiblichen Figuren fehlt. Auch haben Sie mit Ihrem Interview gut herausgearbeitet, was ihre beiden Gesprächspartner zum Cosplay motiviert.

    Die Bilder sind derzeit noch nicht sichtbar – war das Absicht oder gab es technische Probleme?

    1. Danke schön, für Ihren Kommentar 🙂
      Ich glaube da gab es einen Fehler, ich werd gleich mal nachschauen, was sich machen lässt.

        1. Hab nun neue Bilder eingefügt, die leider nun etwas kleiner und unscharf sind. Hab gerade auch Sabi gefragt, die die Bilder auch nicht sehen konnte. Komischerweise konnte ich sie sehen. Ich hoffe nun geht es 🙂 Damit sie größer sind, kann man sie auch einfach anklicken 🙂

          1. Das sieht doch wunderbar aus! Und die Kostüme sind ja wirklich super professionell!! Gefällt mir sehr gut 🙂

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