
Jeder kennt, das kleine Hexenmädchen Kiki mit ihrem Kater Jiji mit dem uns Ghibli seit 2005 (deutsche DVD-Veröffentlichung) verzaubert hat. Anfang März 2014 flog sie bereits in Real auf ihrem Besen durch die japanischen Kinos. Seit dem 22.01.2015 können sich nun auch die deutschen Fans in ihren Wohnzimmern, bewaffnet mit DVD oder Blu-Ray, mit der kleinen Kiki auf den Besen schwingen.
Der Plot ist schnell erzählt und unterscheidet sich dahingehend auch nicht vom Anime. Die kleine Kiki muss mit 13 Jahren gemeinsam mit Kater Jiji das Elternhaus verlassen, um eine richtige Hexe werden zu können. Dabei erlebt sie einige Abenteuer und auch das ein oder andere Missgeschick. Auch die beliebten Charaktere wie Kiki’s Eltern, Tonbo und Osono mit ihrem Mann sind erhalten geblieben, ebenso die Stadt am Meer. Soweit sind sich auch Anime und DVD einig. Beim Erzählen der Geschichte unterscheiden sich beide aber dann doch noch.
Die Unterschiede beginnen schon zu Beginn des Films. Während man beim Anime sofort in die Geschichte geworfen und mit dem Tag des Abflugs begonnen wird, erzählt der Realfilm Kikis Geschichte von Geburt an, auch von den Eltern erfährt man das eine oder andere Detail. Ebenso, warum eine Hexe in eine Stadt gehen muss, in der noch keine andere Hexe lebt. Kiki wirkt auf mich im Realfilm auch etwas frecher als im Anime, was jedoch auch daran liegen könnte, dass die Szenen mit den Eltern im Anime nicht so lang sind.
Anders als im Anime wird die Geschichte von Kiki auch anders erzählt. So trifft sie nicht nur auf Unterstützung, sondern wird auch auf Grund ihrer Hexenherkunft angefeindet. Einige haben Angst davor, dass die Hexe nicht nur Gutes tut, sondern auch Böses wie etwa Flüche aussprechen. Dies lässt den Film auf mich authentischer wirken. Schließlich gibt es ja auch hier zu Lande genug Geschichten und Märchen über die bösen Hexen. Auch wenn Kiki noch jung und in der Ausbildung ist, ist eine Distanz gegenüber dem Andersartigen (Magischen) doch auch verständlich und passt daher auch gut in den Film. Gleich bleibt jedoch, die Freundlichkeit der Bäckerin Osono, die das kleine Mädchen aufnimmt und sie mit ihrem Mann unterstützt. Dieser bekommt im Film sogar eine etwas größere Rolle. Während Jiji eher in den Hintergrund rückt.
Auch Tonbo ist anfangs wenig begeistert von Kiki, während er im Anime sofort hellauf begeistert ist eine Hexe, die fliegen kann zu treffen. Tonbo stellt hier anfangs erst einen Jungen dar, der alles wissenschaftlich erklären möchte und daher nicht an Hexenkraft glaubt und einen Trick hinter dem Fliegen mit dem Besen vermutet, wodurch beide auch immer wieder aneinander geraten. Erst durch einen Unfall bei dem Kiki dem verletzten Jungen hilft, entwickelt sich eine Freundschaft.
Neben den bekannten Charakteren gibt es auch einige neue. So wird beispielsweise die Rolle der Malerin im Film durch eine Sängerin ersetzt, die durch einen Schicksalsschlag nicht mehr singen kann/will. Daneben hält der Film aber auch noch einige andere Überraschungen bereit, die ich nicht verraten will.
Fazit: Durch die neu erzählte Geschichte, lernt man Kiki und ihre Abenteuer erneut kennen und fühlt sich dennoch, durch die vertrauten Charaktere, gleich wieder an den Anime erinnert. Auch durch die Bildeinstellungen, bei der man aus Kiki’s Sicht auf die Landschaft schaut, während sie auf dem Besen sitzt, vermitteln ein Gefühl als würde man mit ihr fliegen. Meiner Meinung nach eine wirklich gelungene Umsetzung und auch die Charaktere des Animes lassen sich in den Schauspielern wiedererkennen. Einziger Minuspunkt, den ich sehe, ist die nicht vorhandene Untertitelung. Es ist lediglich eine deutsche und eine japanische Tonspur vorhanden, was sehr schade ist.
Vielen Dank für Ihren Beitrag und dass Sie die deutsche DVD-Veröffentlichung für uns getestet haben! Sie vergleichen hier schön den Anime und die neue Realverfilmung.
Was mir in Ihrem Artikel ein wenig fehlt sind Hintergrundinformationen: Der Ghibli-Anime „Majo no takkyûbin“ (1989) beruht selbt auf einer Buchserie von Kadono Eiko (1985–2009), die hier nun erneut verfilmt wurde, und zwar von Shimizu Takashi, der ja eher für seine Horrorfilme bekannt ist. Der Film war als Remake des Miyazaki-Anime geplant gewesen, was das Studio Ghibli allerdings nicht erlaubt hat, weswegen es sich hier um eine Neuadaption der ersten beiden Bände der Buchreihe handelt. Dadurch lassen sich auch die Unterschiede erklären.
Sehr interessant an der Thematik ist finde ich hier vor allem, wie hier der Prozess des erwachsen- und unabhängig-Werdens einer shôjo portraitiert wird.
Vielen Dank für diese interessante Filmvorstellung!
Ich muss zugeben, bisher wusste ich nicht einmal, dass es eine Realverfilmung zur Thematik, geschweige denn bereits in deutscher Sprache, überhaupt gibt. Nach deinem gelungenen Beitrag werde ich mir den Film aber auf jeden Fall ansehen und vermutlich auch mal wieder zur alten Anime-DVD greifen, um beide zu vergleichen!
Ich bin gespannt zu erfahren, wie die Geschichte von Kiki real umgesetzt worden ist, da das Medium „Film mit realen Menschen“ ja doch meist eine ganz andere Atmosphäre kundtut als ein Anime sie hinterlässt. Ich finde es gut, wie du bereits auf die Unterschiede eingehst – das weckt Erinnerungen und macht für Fans Lust auf mehr!
Anm.: Ich finde auch Frau Scherers Hintergrundinformation an dieser Stelle sehr interessant. Dadurch dass es sich nämlich um eine Buchverfilmung handelt wurde also auf eine clevere Art und Weise das Problem mit den Rechten rundum Studio Ghibli umgangen… Gibt es für die Ablehnung seitens des Anime-Teams einen besonderen Grund? Denn bisher klingt die Realverfilmung für mich nicht nach einem „billigen Abklatsch“, der die Geschichte vielleicht minderwertig wiedergeben würde. Waren es finanzielle Gründe oder stand ein persönliches Statement hinter der Entscheidung – oder weiß man, vermutlich, nichts Genaueres?
Ich habe bis jetzt von Live-Action-Verfilmungen nur in Zusammenhang mit Anime-Serien oder Games gehört, eine „Ghibli-Live-Action“ ist mir neu.
Das Konzept klingt sehr interesssant. Ich finde, gerade die klassischen Ghibli-Werke wecken eher nostalgische Erinnerungen, ähnlich den Disney-Verfilmungen deutscher Märchen. Nichtsdestotrotz hatte die rosarote Welt solcher Darstellungen immer etwas sehr fantasievolles, wenn nicht sogar sehr realitätsfernes. Da einem diese Verfilmung die Geschichte „näher bringt“, würde ich sie mir auch gerne ansehen.
Das mit den fehlenden Subtiteln ist wirklich schade. Gerade bei einer japanischen „Neu-Interpretation“ möchte man doch gewährleisten, dass die Bedeutung nirgendwo verfälscht wird.
@ Frau Schnückel: Leider konnte ich auch nicht richtig herausfinden, warum Studio Ghibli so darauf bedacht war, damit nicht in Verbindung gebracht zu werden. Im japanischen Internet wird die Entscheidung des Studios einerseits als strategisch richtig gesehen, da die Realverfilmung sich als finanzieller Flop herausgestellt hat. Für Ghibli wäre es natürlich schlecht gewesen, da mit im Boot zu sein. Andererseits wird darüber spekuliert, dass Ghibli Verfilmungs-Rechte für einige ihrer Klassiker an Hollywood verkauft haben könnten. Man darf gespannt sein …