A-chan und die Database

acchanDas ist A-chan, ein leidenschaftlicher Fan japanischer Populärkultur. In unserer Sitzung gestern ging es darum, wie genau A-chan konsumiert. Eine Erklärung lieferte uns die „Database-Theorie“ aus Azuma Hirokis Werk Otaku: Japan’s Database Animals (englische Übersetzung 2009, Original: 動物化するポストモダン―オタクから見た日本社会, 2001).

Ausgangspunkt ist für Azuma, dass in der Postmoderne keine „Meta-Erzählungen“ (grand narratives) mehr existieren, das heißt keine Leit- und Einheitsideen, die aus den einzelnen Mitgliedern einer Gesellschaft ein Ganzes machen. Auch im Konsum der Otaku könne es daher nicht mehr darum gehen, sich durch bestimmte Produkte oder „kleine Erzählungen“ (small narratives) an eine solche in einer tieferen Schicht liegende grand narrative anzunähern. Außerdem stellt er (in Anlehnung an Baudrillard) fest, dass die Unterscheidung zwischen originalen Produkten und ihren Kopien schwindet und eine Zwischenform, das sogenannte „Simulakrum“, dominant wird. Sehr deutlich zeigt sich das in der japanischen Populärkultur, vor allem im Bereich Anime und Manga, wo Parodien und Fan-Art mittlerweile gleichrangig mit dem „Original“ existieren, sofern überhaupt ein Ursprungswerk ausgemacht werden kann.

Die postmoderne Art des Konsums, die bei den Otaku festzustellen ist, bezeichnet Azuma mit dem Begriff database consumption. Wie diese funktioniert zeigt folgende im Seminar entstandene Skizze:

database

Statt einer grand narrative steht hinter einzelnen Werken eine database als tiefere Schicht, die alles enthält, was es für ein Otaku-Produkt braucht: Figuren, Moe-Elemente, Settings, Erzählstränge … Der „Nutzer“ (hier: Otaku) bestimmt selbst, was er aus dieser database herausliest und nutzt Medienprodukte wie TV-Serien als „entry into the database“ (Azuma S. 39). Der Nutzer kann sich auch Elemente der Database aneignen und eigene Werke generieren. Im Zentrum stehen bei dieser Art des Konsums die Figuren (kyara), um die herum alles aufgebaut wird.

Unser Otaku A-chan ist somit zugleich Konsument und Produzent (ein sogenannter prosumer), wie folgende Skizze aus dem Unterricht verdeutlicht:

prosumer

Eine Gruppe hat die Funktionsweise der database an einem schönen Beispiel veranschaulicht – Anime-DIY könnte man das nennen. Alles beginnt mit dem Haupt-kyara und dessen Vorhaben:

beispiel1

Dann braucht es natürlich noch Begleiter …

beispiel2

… und damit sind dann alle Voraussetzungen geschaffen für lebendige Fan-Aktivitäten von A-chan & Co.

beispiel3

Zum Weiterlesen:

Interview von Douglas McGray mit Azuma Hiroki (Pdf-Datei)

Zusammenfassung von Azumas Theorie aus dem Cool-Japan-Arbeitskreis der Uni Frankfurt

Azuma Hiroki auf Twitter

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