Einmal nach Singapur und zurück – Der Besuch eines Cosplay-Experten

Verfasser: Jasmin v.d.H. und Janna S.
Fritjof Eckardt auf der AFA 2014
Fritjof Eckardt auf der AFA 2014

Als wir auf dem Seminarplan gesehen haben, dass in der Sitzung am 17.12.2014 ein Cosplay Experte vorbeikommt, haben wir uns gefragt, was uns da erwarten wird.

Allerdings bemerkten wir sehr bald, dass sich sämtliche Bedenken als unbegründet herausstellten, als Fritjof Eckardt anfing in lockerer, entspannter Atmosphäre von seinen eigenen langjährigen Erfahrungen sowohl in der Cosplay-Szene als auch in der Convention-Organisation zu erzählen.

Eckardt hat vor etwa 15 Jahren selbst als Cosplayer an Veranstaltungen teilgenommen. Nach einiger Zeit wirkte er bereits als Helfer mit und stieg später komplett in die Organisation ein. Unter anderem beteiligte er sich bei großen deutschen Conventions, wie die Connichi in Kassel oder der AnimagiC in Bonn.
Mittlerweile ist er in diesem Bereich nicht mehr aktiv, stattdessen nahm er sich die Zeit um an einem Buch zu schreiben, welches voraussichtlich im April 2015 erscheinen wird. Bei seinem Besuch gewährte er uns bereits erste Einblicke in sein Werk.

Inspiriert durch viele Fragen besorgter Eltern und wiederkehrender Vorurteile bezüglich Cosplay, möchte Eckardt damit den ersten „Ratgeber“ herausbringen, der sich mit dieser Problematik beschäftigt.
Neben vielen Erklärungen zu diesem Hobby, finden sich darin auch einige Interviews mit bekannten Cosplayern und jede Menge eindrucksvolle Fotos.
Demnächst wird auf unserem Blog noch näher über das Buch berichtet.

Für das Werk begab er sich unter anderem 2014 nach Singapur zur Anime Festival Asia (AFA), die zu einer der weltgrößten Anime und Manga Convention gehört, um dort zu recherchieren. Um das riesige Ausmaß der Veranstaltung zu verdeutlichen, führte er uns ein Video vom offiziellen YouTube-Channel der AFA vor.

Dadurch wurde deutlich, wie viele Leute zu diesem Event reisen und dass viele große und auch bekannte Unternehmen daran beteiligt sind.
Dazu erklärte Eckardt uns, dass Veranstaltungen wie die AFA von professionellen Eventorganisatoren ins Leben gerufen und von bekannten Firmen wie Sony oder Canon gesponsert werden. Dadurch erreicht die AFA ein hohes Budget, welches das der japanischen Conventions sogar deutlich überschreitet und damit den Besuchern ein außergewöhnliches Programm bieten kann. Laut Eckardt „liest sich die Liste der AFA-Ehrengäste wie das ´who is who´ der Anime und Manga Szene“. Es werden beispielsweise sehr berühmte Musiker, Synchronsprecher oder Mangaka eingeladen und auch berühmte Cosplayer sind gerngesehene Gäste.

eine Halle mit Händlern auf der AFA
eine Halle mit Händlern auf der AFA

Selbstverständlich wird die Veranstaltung aber auch von „normalen“ Besuchern und Cosplayern besucht.

Cosplay-Gruppe auf der AFA 2014
Cosplay-Gruppe auf der AFA 2014

Er erläuterte uns ebenfalls plastisch, wie sehr sich so eine riesige Convention von denen in Deutschland unterscheidet. In Deutschland stehen fast nie großen Firmen hinter den Veranstaltern und Organisatoren, sodass solche Messen in Deutschland meist allein durch Fans für Fans entstehen. Diese Veranstaltungen werden oft von begeisterten Fans alleine organisiert und unter hohem Arbeitsaufwand von ihnen durchgeführt. Finanziert werden sie dabei aus den Ticketpreisen, durch Sponsoren und teilweise auch von ein paar Organisatoren selbst, welche daran nichts verdienen.

Genau dies ist auch der Grund, warum sich das Programm einer deutschen Convention in seiner Qualität und Fülle nicht mit dem einer AFA messen kann, denn hierzulande reicht das Budget einfach nicht dafür aus. Um ein ähnliches Programm anbieten zu können, müssten die Ticketpreise drastisch erhöht werden, was bei vielen Besuchern vermutlich zu Unmut führen würde. Sollten Conventions in Deutschland noch weiter wachsen und dadurch Firmen auf die Szene aufmerksam werden, wie zum Beispiel in Singapur, könnten auch sie eine größere finanzielle und auch professionelle Unterstützung erhalten.

Allerdings würde das vermutlich eine starke Kommerzialisierung wie dort mit sich führen. Und ist das wirklich das, was die deutsche Japan-Szene haben möchte?
Ist klein und familiär nicht auch etwas Schönes?
Dies zu entscheiden, bleibt jedem selbst überlassen.
Wie es damit in Zukunft weitergehen wird, wird die Zeit zeigen.

Auch genießen Cosplayer in Deutschland noch lange nicht die Aufmerksamkeit, wie sie sie international erfahren. Eckardt betonte immer wieder, dass einige berühmte Cosplayer in Asien teilweise wie Popidols verehrt werden. Sie bringen Fotobücher heraus, geben Handshake-Events, werden bejubelt. Einige von ihnen werden auch von Firmen für Werbezwecke engagiert. Solche „professionellen“ Cosplayer werden dann dafür bezahlt, dass sie das Kostüm einer bestimmten Figur für eine Firma tragen. In Deutschland sei das Interesse an Cosplaysstars aber noch nicht so fortgeschritten, weshalb Conventions noch kaum berühmte Cosplayer einladen.

Cosplaystars und Fans auf der AFA 2014
Cosplaystars und Fans auf der AFA 2014
v.l.n.r.: Cosplayidols Yuegene Fay, Reika und KANAME☆
v.l.n.r.: Cosplayidols Yuegene Fay, Reika und KANAME☆

Zum Schluss bekamen wir die Gelegenheit Fragen an ihn zu stellen.
Hierbei wurden auch problematische Themen wie „black facing“ und das Tragen von originalgetreuen Waffenrequisiten oder bestimmten Militäruniformen in der Öffentlichkeit angesprochen, über das schon einmal im Blog berichtet wurde.
Auch über missverständliche Symbole an Kostümen, wie zum Beispiel das Sonnenrad (da es einem Hakenkreuz ähnelt) wurde diskutiert.

Anschließend an das Seminar durften wir uns noch einmal seine Mitbringsel von der AFA anschauen und sie bestaunen.

Wir danken Fritjof Eckardt für seinen Besuch und die vielen Erfahrungen, die er mit uns geteilt hat. Es war eine sehr spannende Sitzung!

Fotos: von Fritjof Eckardt erhalten | Mit freundlicher Genehmigung die Bilder zu nutzen.

3 Gedanken zu „Einmal nach Singapur und zurück – Der Besuch eines Cosplay-Experten

  1. Ich find den Eintrag gut geschrieben und er bringt nochmal eine schöne Erinnerung an die Stunde vor Weihnachten.
    Der Unterschied zur AFA und den deutschen Conventions ist ziemlich deutlich, wobei ich mich das Selbe frage, wie ihr. Will man in Deutschland überhaupt diese Kommerzialisierung der Conventions? Ich persönlich dachte mir schon während der Sitzung mit Herrn Eckardt, dass ich es so familiär wie es bei uns momentan ist lieber mag. Und der Gedanke kam mir auch wieder während dem Lesen eures Eintrags. Natürlich wachsen auch hier die Conventions von Jahr zu Jahr, aber sie haben meiner Meinung nach immer noch einen sehr familiären und freundlichen Eindruck, während ich von der AFA in dem gezeigten Video doch eher einen kalten Eindruck hatte. Ich frag mich, ob dann wirklich noch der Spaß am Cosplay (und allem was damit zusammenhängt) im Vordergrund steht oder ob es der kommerzielle Erfolg ist. Eine Antwort werd ich dazu aber wahrscheinlich nie bekommen 😉

    Danke für den Eintrag und damit nochmal die Erinnerung und Auffrischung einer doch sehr schönen Sitzung im letzten Jahr 🙂

  2. Ich finde der Beitrag fasst noch einmal sehr schön zusammen was wir im Seminar besprochen haben und bringt auch die Diskussionsfragen noch einmal gut heraus.
    Ich für meinen Teil denke, dass es fast unmöglich ist deutsche Conventions mit den Großen im Ausland zu vergleichen. Natürlich sind die meisten der Veranstaltungen dort kommerzieller Basis, haben aber auch ein ganz anderes Ziel als die Deutschen. So ist das Hauptaugenmerk auf der Comiket in Japan zum Beispiel der Verkauf von Doujinishi und bietet somit eine Möglichkeit für die Zeichner(teams) ihre Sachen zu verkaufen, was man in Deutschland so gar nicht findet. Hierzulande ist es nicht einmal gestattet FanArts an seinem Stand zu verkaufen. Die Comiket gleicht mehr einer Messe als einer Convention wie wir Deutsche sie kennen, ebenso wie es auch die MCM Expo in London und die Japan Expo in Paris tun. Natürlich gibt es auf all diesen Veranstaltungen auch Cosplayer, aber sie stehen eben nicht im Mittelpunkt der Con. Vielleicht ist es am ehesten mit den Buchmessen hierzulande vergleichbar, wo es zwar auch Cosplayer gibt, aber definitiv die Bücher im Mittelpunkt des Interesses stehen.
    Desweiteren darf man nicht vergessen, dass es bei deutschen Conventions (die Buchmessen seien hier ausgenommen) völlig normal ist ohne ein Eintrittsticket ‚teilzunehmen‘. Viele Cosplayer interessieren sich wenig für das gebotene Programm und verbringen den Tag lieber zusammen mit Freunden außerhalb des Veranstaltungsgebäudes. Dabei ist es völlig egal ob man sich nur auf der Wiese eines umliegenden Parks oder Freigeländes trifft, oder ob man zusammen los zieht um Fotos zu machen, beides ist sogesehen kostenlos. In wie fern diese Leute tatsächlich noch Conbesucher sind, ist natürlich ein weiterer Punkt, den es zu diskutieren gilt. Tatsache ist, dass diese (meist) Cosplayer das Bild nach außen hin sehr stark prägen und für Außenstehende ganz eindeutig der Veranstaltung zugeordnet sind. Diese Ticketlosigkeit ist etwas Deutschlandeigenes und wird außerhalb Deutschlands nur schwer zu finden sein. Und genau das ist der Punkt an dem ich zu behaupten wage, dass es kommerzielle Cons in Deutschland immer schwer haben werden, so lange es möglich ist die Halle so oft man möchte zu betreten bzw zu verlassen und es Plätze gibt, an denen man sich auch ohne Ticket in Hallennähe treffen kann.

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