
Wenn man sich japanische Werbung ansieht, stolpert man über viele kuriose Dinge. Von einem sprechenden Hund als Familienvater, einem weiblichen Samurai, der aus einer Zitrone steigt und Bonbons an Kinder verteilt zu einem Teufel der Tokio nur für eine Packung Pockys vernichtet gibt es alles. Der Werbespot in dem es in diesem Artikel geht ist allerdings weniger bunt und verrückt als viel mehr herzerwärmend.
Das Kosmetikunternehmen Pola hat eine „Studie“ durchgeführt. Wie aussagekräftig diese tatsächlich ist lässt sich nicht genau bestimmen, da in dem dazugehörigen Werbevideo nicht darauf eingegangen wird mit welchen Mitteln geforscht wurde oder wie die Ergebnisse gemessen wurden. Außerdem muss man bedenken, dass es sich um Werbung handelt und das Unternehmen seine Produkte auch verkaufen will. Nichts desto trotz finde ich, diese Werbung spricht einen interessanten Aspekt der japanischen Kultur an und schafft es auch noch einem ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern.
In Japan ist es üblich eine Person bei ihrem Nachnamen oder Titel zu rufen. In der Schule ist der Lehrer „Sensei“ und in der Firma der Abteilungsleiter „Buchô“. So hat es sich auch eingebürgert, dass Mütter, sobald sie ihr erstes Kind zur Welt gebracht haben, nicht nur für ihre Kinder sondern auch für ihre Ehemänner zu „Mama“ oder „Okâsan“ werden. Häufig werden sie jahrelang nur „Mama“ gerufen, auch wenn die Kinder längst ausgezogen sind. Es gibt natürlich auch Ausnahmen, aber in vielen Haushalten hält diese Tradition an.
Pola hat nun das Experiment gestartet wie Mütter reagieren, die, nachdem sie jahrelang für ihrem Mann nur „Mama“ waren, wieder bei ihrem Vornamen gerufen werden. Pola hat die Ehemänner solcher Frauen gebeten ihre Frauen bewusst beim Vornamen zu rufen und zu sehen, wie sich ihre Stimmung ändert:
Es kann natürlich darüber gestritten werden, wie viel wissenschaftliche Erkenntnis sich aus so einem Experiment ziehen lässt, aber ich denke, es ist interessant zu sehen, wie endlich wieder bei ihrem Namen gerufen zu werden diese Frauen beeinflusst.
Und selbst wenn dieses Video absoluter Unsinn wäre und an den Haaren herbei gezogen ist es doch eine niedliche Idee.
Vorab ein Dankeschön für das Hinweisen auf die Kampagne und das dazugehörige Werbevideo. Es kommt ja doch nicht so häufig vor, dass man von selbst auf Projekte solcher Art aufmerksam wird.
Besonders gefällt mir an deinem Artikel, dass du weder über das Video urteilst noch es kategorisch in „gut“ oder „schlecht“ einteilst, sondern es schlichtweg als eine interessant umgesetzte Idee erkennst. Über die möglichen wissenschaftlichen Erkenntnisse würde ich persönlich ebenfalls nichts aussagen wollen, da dafür mehr Hintergrundwissen vorhanden sein müsste. Der Großteil der englischsprachigen Kommentare unter dem auf YouTube gestellten Video scheint ebenso mehr durch Interesse geprägt. Aus Verwunderung über die gezeigten Reaktionen der Mütter wird aufgeschlossen nachgefragt, und es wird mit der Situation aus dem eigenen Heimatland verglichen. Letztlich darf man zwar nicht vergessen, dass es sich bei dieser Kampagne „nur“ um Werbung handelt, allerdings hat es seinen Unterhaltungszweck bei mir erfüllt und zwar nicht zum Werten dafür aber zum Nachdenken angeregt. Werbung, die ähnliche Reaktionen bei den Zuschauern hervorbringt, ist zumindest aus der Sicht eines Unternehmens gute Werbung.
Vielen Dank für Ihren Beitrag! Sie haben den Artikel sehr schön gestaltet und interessant geschrieben, so dass auf jeden Fall Neugierde auf den Film geweckt wird.
Ich persönlich würde sagen, dass man ein solches Werbevideo durchaus kritisch reflektieren darf und sogar sollte! Denn wirft man einen zweiten Blick auf die Werbung, so wird hier zwar eine vermeintlich rührende Situation dargestellt, tatsächlich ist sie aber doch auch Ausdruck einer Gesellschaft mit einer stark gender-basierten Rollenverteilung: Der Mann fragt die Frau wo seine Krawatte ist, die Frau bedient die gesamte Familie beim Essen und erledigt die gesamte Familienarbeit. Und das wird durch die Werbung ja auch nicht hinterfragt!
Auch das Ergebnis der „Studie“ ist doch fragwürdig: Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das „Schönheitshormon“ durch das Nennen des Vornamens ausgeschüttet werde. Es geht also nicht nur darum, dass die Frau endlich wieder als Individuum gesehen wird und nicht nur als Hausfrau und Mutter, sondern vor allem auch darum, dass dies der Schönheit förderlich sein soll.
Meines Erachtens ist diese Werbung in letzter Konsequenz doch ein trauriger Ausdruck davon, dass in der japanischen Gesellschaft ein gleichberechtigtes Ehemodell (von alternativen Familienformen ganz abgesehen) noch nicht angekommen ist. Zumindest scheint es noch nicht „Mainstream“ genug, um in eine solche Werbung Eingang zu finden. Einen ganz ähnlichen Eindruck habe ich übrigens beim Schauen der TV-Serie „Hirugao“ bekommen, in der ebenfalls ganz selbstverständlich ein außerordentlich rückständiges Bild von Ehe vermittelt wird.
Zunächst eine nette Idee und die Werbung scheint wohl auch ihren Zweck zu erfüllen (wenn man sich allein die Klickzahlen auf Youtube anschaut), jedoch kritisch betrachtet finde ich das Ganze eher fragwürdig. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse kann ich für meinen Teil nicht nachprüfen, aber allgemein finde ich es eher traurig, dass die Frau sobald sie Mutter geworden ist , nur noch als diese wahrgenommen zu werden scheint und die Individualität verloren geht. Naja, immerhin haben die Werbeleute ihr Ziel erreicht – es wird über den Clip geredet.
Gruselige Werbung wenn ich schon so Zitate lese wie:
Every Women has the instinct to be beautiful.
Woah das ist schon ziemlich plumpe Propaganda. Und dann ne Studie die an 17 Frauen ausgeführt wurde, selbst wenn wir mal ernst nehmen was die behaupten, wie repräsentativ kann so eine Studie sein?
Ja, Herr Stoltze, ich gehe schwer davon aus, dass es sich hier nicht wirklich um eine „Studie“ handelt, sondern um plumpe Inszenierung. Ist ja auch schon recht auffällig, dass alle dargestellten Frauen Model-Gesichter haben 😉