Archiv der Kategorie: Popkultur und Alter(n)

Ein Essay-Manga zum Thema Demenz

Abb. 1: Cover von „Pecoross‘ Mother and her Days“

Das Thema Demenz taucht in der japanischen Populärkultur in den letzten Jahren immer häufiger auf. Besonders große Popularität hat dabei der Manga Pekorosu no haha ni ai ni iku („Pecoross’ Mother and Her Days“, 2012) von Okano Yûichi erreicht, den Eri Temma in diesem Artikel vorstellt. Okanos Werk zeigt eine alternative Perspektive auf Demenz, die das Leben der Betroffenen als wertvoll und reich versteht. 

In Japan ist die Pflege der alten Menschen ein ernstes Problem. Vor allem ist die Pflege eine große Last für die Familie: Es herrscht in Japan immer noch die Ansicht, dass die Pflege von der Familie übernommen werden sollte. Mit der Verschärfung der Überalterung ist außerdem das Problem der Altersdemenz sowie der Pflege dementer Menschen immer dringlicher geworden.

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Wenn ein Pflegeroboter Amok läuft – Eine Filmkritik zu Rôjin-Z

14714223698880 Werden Altenpleger in der Zukunft durch Roboter ersetzt werden können? Und wenn ja, wird es den bedürftigen Senioren zugute kommen? Mit diesen und anderen Fragen beschäftigt sich der Film Rôjin-Z und zeichnet dabei eine skurrile Zukunftsvision.

Florian Münstermann hat sich den Film angeschaut und sich die Mühe gemacht, eine Filmkritik für uns zu verfassen.

 

 

Rôjin Z – Ein Pflegebett randaliert in Kamakura

Anfang des 21. Jahrhunderts hat man endlich eine Lösung für das Problem der Überalterung der japanischen Gesellschaft gefunden. Tja, wäre schön, wenn dies wirklich der Fall wäre. Doch der Animationsfilm, Rôjin Z (老人Z, 1991), zeigt uns eine Zukunftsvision, in der überfüllte Pflegeheime und Mangel an Pflegekräften endlich der Vergangenheit angehören könnten. Hiroyuki Kitakubo, bekannt durch „Golden Boy“, übernahm die Regie und Umsetzung des Drehbuchs aus der Feder von Akira-Regisseur Katsuhiro Ôtomo. Mit Witz und Humor geht der Film auf ein wachsendes, gegenwärtiges Problem der Gesellschaft ein.  Wenn ein Pflegeroboter Amok läuft – Eine Filmkritik zu Rôjin-Z weiterlesen

Kôkotsu no hito: Der erste japanische „Demenzfilm“

kokotsuDemenz ist in den letzten Jahren ein im westlichen und japanischen Film häufig behandeltes Thema, wie u.a. „Honig im Kopf“ (2014), „Still Alice“ (2014) oder „Pecoross‘ Mother and her Days“ (2013) zeigen. In Japan war Demenz aber schon 1973 einmal ein großes Thema im Film, wie uns Natasha Urresta Alvarez in diesem Beitrag verdeutlicht.

Toyoda Shirō behandelte in seinem Film Kôkotsu no hito („Twilight Years“, 1973) als einer der ersten Regisseure das Thema Demenz im Alter. Er basiert auf den gleichnamigen Roman vom Ariyoshi Sawako, der 1972 in Japan zum Bestseller wurde. Im Laufe der Handlung werden viele Probleme, die das damalige japanische Wohlfahrtssystem hatte, geschildert sowie die Auswirkungen auf die betroffenen Familien, die sich um ein älteres Familienmitglied kümmern mussten.

Das alltägliche Leben einer japanischen Familie wird abrupt verändert, als Tachibana Akiko (Takamine Hideko) ihren Schwiegervater Shigezô (Hisaya Morishige) neben der Leiche seiner Frau in deren gemeinsamem Haus findet. Der plötzliche Tod seiner Frau wird als der Auslöser für die Demenz des älteren Mannes dargestellt, der in dieser Anfangssequenz schon nicht mehr er selbst zu sein scheint. Nach der Beerdigung erkennt Shigezô seine älteste Tochter nicht mehr, und auch die anderen Familienmitglieder, wie seinen Sohn und Enkelsohn, nimmt er nicht mehr wirklich wahr. Der Mann scheint sich nur noch an Akiko zu erinnern, denn er lässt sie als einzige wirklich in seine Nähe. Dies ist sicherlich ein zusätzlicher Grund, weswegen im weiteren Verlauf Akiko sich weitgehend alleine um ihren demenzkranken Schwiegervater kümmern muss. In der damaligen japanischen Gesellschaft wurde aber auch generell erwartet, dass die Schwiegertochter sich um ihre Schwiegereltern kümmert, wenn diese ein gewisses Alter erreicht haben.  Kôkotsu no hito: Der erste japanische „Demenzfilm“ weiterlesen

Demenz im Film: Ein Date mit Pecoross‘ Mutter

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Ein Film über Demenz wird zum Publikumsliebling – So geschehen mit „Pecoross‘ Mother and her Days“, einem komisch-melancholischem Film, den uns hier Lara Welmans vorstellt.

Die Pflege dementer Personen ist oft eine große Herausforderung für Familienangehörige und auch Pfleger. Genau dieses Problem thematisiert der Regisseur Morisaki Azuma in seinem Film Pekorosu no haha ni ai ni iku (englischer Titel „Pecoross‘ mother and her days“), in dem er den Zuschauer auf eine Reise mit Okano Yūichi schickt, auf der er seine demente Mutter erneut kennenlernt.

Der Film basiert auf einem gleichnamigen autobiographischen Essay-Manga von Okano Yūichi, in dem er seine eigenen Erfahrungen mit seiner dementen Mutter schildert. Dieser ist 2012 erstmals in einer Zeitung in Westjapan erschienen und wurde 2013 zu einem Bestseller.  Auch die Verfilmung war sehr erfolgreich: 2014 gewann sie den Kinema Junpô Award für den besten Film. Darüber hinaus wurde er zum drittbesten Film beim Yokohama Filmfestival auserkoren und gewann bei dem Takasaki Filmfestival Preise für den besten Film,  die beste Schauspielerin (Akagi Harue) und die beste weibliche Nebenrolle (Harada Kiwako). Demenz im Film: Ein Date mit Pecoross‘ Mutter weiterlesen

Mādadayo – Kurosawas persönlichstes Werk

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Uchida feiert mit seinen Schülern seinen Geburtstag (Bild: trigon-film)

Ein alter Lehrer mit kindlichem Gemüt – Jörn Krantz stellt uns Kurosawa Akiras letzten Film Mādadayo vor, ein liebevolles Portrait des Schriftstellers Uchida Hyakken. 

Zwei Jahre vor Kurosawas Tod 1993 vollendet, weist Mādadayo vielleicht nicht die Bildgewalt oder erzählerische Intensität auf, welche beispielsweise in seinen früheren Epen Ran und Kagemusha zu finden sind und erscheint im direkten Vergleich zu diesen eher als “leichte Kost”. Der Film schafft es jedoch, den geneigten Betrachter durch seine Ehrlichkeit und Sentimentalität in den Bann zu ziehen. Als sein letztes und im Nachhinein abschließendes Werk kann dieser Film als eine Art Selbstportrait Kurosawas verstanden werden und zugleich als ein Appell, sich bis ins hohe Alter einen kindlichen Geist zu bewahren.

Mādadayo erzählt auf liebevolle und leichtherzige Art und Weise die Geschichte von Uchida Hyakken (gespielt von Matsumura Tatsuo) ab dem Zeitpunkt, als dieser mit Anfang 60 zu Zeiten des zweiten Weltkriegs seine Arbeit als Deutschlehrer an einer Tokyoter Militärakademie niederlegt, um sich mehr dem Schreiben widmen zu können. Hierbei handelt es sich nicht um eine fiktive Figur, sondern der Protagonist ist an den Deutschlehrer Uchida Hyakken (1889–1971) angelehnt, der in erster Linie durch seine literarischen Werke eine bekannte Persönlichkeit Japans geworden ist.  Mādadayo – Kurosawas persönlichstes Werk weiterlesen

Ashita no Kioku – Memories of Tomorrow

 Kristine Weingart rezensiert für uns Ashita no Kioku. Ein Film, der sich mit dem Thema Krankheit im Alter auseinandersetzt und aus der Sicht des Patienten den Krankheitsverlauf zeigt. Viel Spaß beim Lesen!

Memories of tomorrowEs beginnt mit einem entfallenen Wort, einem vergessenen Namen, und schließlich vollkommener Orientierungslosigkeit. Dann folgt die erschütternde Diagnose: Alzheimer im Frühstadium. Ashita no Kioku zeigt das Fortschreiten dieser Krankheit, jedoch nicht aus der Sicht der Angehörigen, sondern aus der des Betroffenen, der sich mit seinem unabwendbaren Schicksal arrangieren muss, während sein Leben sich um 180 Grad dreht. Sein einziger Halt: Eine liebevolle Familie.

Memories of Tomorrow ist der englische Titel dieses japanischen Dramas, das am 13. Mai 2006 unter dem Originaltitel Ashita no Kioku (明日の記憶) in den japanischen Kinos erschien. Die Regie des 122-minütigen Films, der auf dem gleichnamigen, im Jahre 2004 von Hiroshi Ogiwara  veröffentlichten Roman basiert, führte Yukihiko Tsutsumi.

Der 49-jährige Masayuki Saeki, gespielt von Ken Watanabe, verkörpert den idealtypischen japanischen Arbeiter: Er ist die Führungskraft einer wichtigen Werbeagentur in Tokyo und arbeitet diszipliniert und zielstrebig, weshalb ihm seine Arbeitskollegen auch mit Respekt und Achtung entgegentreten. Seine Familie stellt er stets hinter seinen Beruf, um die hohen Standards zu erfüllen, die er sich stellt. Doch plötzlich kann er mit diesen nicht mehr mithalten. Masayuki vergisst plötzlich Dinge, wie die Namen von Geschäftspartnern, wichtige Termine oder gar den Weg zu seiner Arbeit. Ashita no Kioku – Memories of Tomorrow weiterlesen

Das wandelnde Schloss: „Fluch des Alterns“ einmal wörtlich genommen

Howl1Miyazaki Hayaos Anime „Das wandelnde Schloss“ ist auch hierzulande sehr bekannt. Doch was hat es eigentlich mit dem Fluch auf sich, der als Motiv dieses Films auftaucht? Welche Funktion nimmt das plötzliche Altern der Protagonistin Sophie in der Erzählung ein? Ariane Hertel hat sich für uns einmal näher mit diesen Fragen beschäftigt.

Als ein Animationsfilm aus dem Hause Ghibli ist der Film „Das wandelnde Schloss“ (Hauru no Ugoku Shiro, 2004) von Hayao Miyazaki auch in Deutschland vielen Menschen ein Begriff. Gerade unter dem Aspekt der Darstellung und der Bedeutung des Alterns lohnt es sich, dieses Animationswerk auch nach Jahren noch einmal anzuschauen und erneut auf sich wirken zu lassen.

„Das wandelnde Schloss“ ist die Filmadaption des gleichnamigen Jugendbuches von Diana Wynne Jones, erschienen im Jahre 1986. Die Geschichte, die der Film erzählt, folgt zwar grob dem Verlauf der Geschichte im Buch, weicht aber hin und wieder stark davon ab.

In einer Welt, in der viele kleine Königreiche unablässig Krieg gegeneinander führen und in der Magie und Zauberer in diese Kriege mit eingebunden werden, trifft die Protagonistin Sophie – eine Hutmacherin – auf den mächtigen und bekannten Zauberer Hauru. Beobachtet werden sie dabei leider von der Hexe aus dem Niemandsland, die Hauru für sich gewinnen will und eifersüchtig auf Sophie wird. Der Fluch, mit dem die Hexe Sophie daraufhin belegt, lässt diese auf der Stelle zu einer 90-jährigen Frau altern. Auf der Suche nach Hilfe trifft Sophie erneut auf Hauru und sein wandelndes Schloss und beschließt, dort als Putzfrau zu arbeiten, um schließlich nicht nur ihren eigenen Fluch zu lösen, sondern auch den, der auf Hauru liegt. Das wandelnde Schloss: „Fluch des Alterns“ einmal wörtlich genommen weiterlesen

Zwischen Mensch und Maschine: Robo-jî

RoboConstanze Thede hat sich den Film „Robo-G“ angesehen und für den Blog eine Kritik dazu verfasst. Viel Spaß beim Lesen.

Kann ein Roboter den Menschen ersetzen? Kann er mehr sein als nur ein seelenloser Haufen Metall? In seinem Film Robo-jî ロボジー („Robo-G“, 2012) nähert sich Regisseur Shinobu Yaguchi dieser Fragestellung aus einem ganz unerwarteten Blickwinkel heraus.

Innerhalb von drei Monaten sollen Hiroki Kobayashi (Gaku Hamada), Shinya Nagai (Junya Kawashima) und Kôji Ôta (Shôgo Kawai) im Auftrag ihres Chefs (Takehiko Ono) für die Firma Kimura Denki einen Roboter bauen, der auf einer großen Robotermesse seinen Auftritt haben soll. Das Problem: Die drei Ingenieure kommen eigentlich aus ganz anderen Abteilungen und haben keine Ahnung von der Materie. Als ihr mühsam zusammengebastelter Roboter eine Woche vor Messebeginn in seine Einzelteile zerfällt, stecken sie in der Klemme.

Nun muss eine schnelle Lösung her: Ein Mensch soll in die Haut des Roboters schlüpfen und auf der Messe den perfekten Auftritt vortäuschen. Als geeigneter Kandidat findet sich der Rentner Herr Suzuki (Mickey Curtis), der zunächst glaubt, für ein Kostümfest engagiert worden zu sein.

Das Publikum ist von dem so menschenähnlichen Roboter New Shiokaze ニュー潮風 („Neue Meeresbrise“) begeistert und die Anfragen nach weiteren Auftritten prasseln nur so auf das Ingenieurteam herein. Doch was geschieht, wenn der Schwindel auffliegt?   Zwischen Mensch und Maschine: Robo-jî weiterlesen

Memories of Matsuko – 嫌われ松子の一生

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Werbung für den Film auf einer DVD-Verleihmaschine. Wikimedia cc, iMorpheus

Rebecca Glasmacher hat sich die Mühe gemacht, den Film „Memories of Matsuko“ (jp. 嫌われ松子の一生) anzuschauen und eine Filmkritik zu verfassen.

Memories of Matsuko (OT: 嫌われ松子の一生 (2006)); Regie von Tetsuya Nakashima, erzählt die Geschichte des rebellischen Jungen Sho (Eita Nagayama), sowie der  Entdeckung der Lebensgeschichte seiner von der Familie verstoßenen Tante Matsuko (Miki Nakatani), die ebenfalls ein Leben außerhalb der Norm geführt hatte und zu beginn des Filmes ermordet aufgefunden wird.

Der Film springt durch zwei parallele Storylines, die des Jungen, der herausfinden will warum seine Tante sterben musste und die Lebensgeschichte Matsukos, welche im Laufe des Films immer mehr über ihre Identität preisgibt. Beide Charaktere werden von ihrer Familie verfemt, Matsuko wurde verstoßen und auch Shos Vater (Matsukos Bruder) missbilligt den Lebensstil seines Sohnes. Beide verbindet viel, denn Sho findet durch das immer weitere „kennenlernen“ seiner Tante heraus, dass er nicht der Einzige ist, der von der Norm abweicht.  Memories of Matsuko – 嫌われ松子の一生 weiterlesen

Tōkyō Kazoku: Eine Hommage an Ozu

Das Remake eines zeitlosen Klassikers:  60 Jahre nach Ozus Meisterwerk Tōkyō Monogatari traute sich Yamada Yōji an eine Neuverfilmung. Lingdi Qu sah sich für uns den Film Tōkyō Kazoku genauer an.
(Die Rezension zu Tōkyō Monogatari von Jason Blaslov findet man hier)

DVD-Cover (www.trigon-film.org)
DVD-Cover (trigon-film)

„Alter(n)“, wie es im Filmclub diskutiert wird, ist bereits seit vielen Jahren ein soziales Thema, das vielfältig in den Medien und der Politik Japans diskutiert wird. Ich habe Yamada Yōjis Film „Tōkyō Kazoku“ (東京家族, 2013), ein Remake von Ozus „Tōkyō Monogatari“ aus dem Jahr 1953, ausgewählt, da er meiner Ansicht nach einige wichtige Themen in Hinblick auf die aktuelle Situation zum „Alter(n) “ in Japan aufgreift. Dies sind neben der Altenpflege vor allem die Beziehungen zwischen Eltern, Kindern und Enkelkindern, die ich im Folgenden diskutieren möchte.

Der Film handelt von dem älteren Ehepaar Hirayama Shukichi und seiner Frau Tomiko, beide 68 Jahre alt, die von Osaki Island in der Präfektur Hiroshima losfahren, um ihre drei Kinder in Tôkyô zu besuchen. Ihr ältester Sohn Koichi ist Leiter einer Klinik, die Tochter Shigeko Inhaberin eines Beauty Salons und der jüngste Sohn Shoji (gespielt von Tsumabuki Satoshi) arbeitet als Bühnenbauer. Allerdings sind die Familienmitglieder so sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt, dass Shukichi und Tomiko sich vernachlässigt und fehl am Platz fühlen und kurzerhand in ein Hotel umziehen. Nachdem er die Witwe eines alten Freundes besucht hat, möchte Shukichi schließlich zurück nach Hause. Er erzählt Tomiko, dass er den letzten Abend in Tôkyô mit seinem alten Freund Sanpei verbringen wird, während sie bei Shoji unterkommt. Shukichi und Sanpei betrinken sich den Abend über in einer Bar. Bei Shoji angekommen lernt Tomiko währenddessen seine Freundin Mamiya Noriko kennen und erfährt später von Shoji, dass er Noriko heiraten möchte. Tōkyō Kazoku: Eine Hommage an Ozu weiterlesen

Narayama Bushikô – Der Tod als Lösung für das Alter?

René Boddice beschäftigte sich mit der Erstverfilmung der Novelle Narayama bushikô von Shichirô Fukazawa und stellt fest: Dieser Film von Keisuke Kinoshita aus dem Jahre 1958  ist nicht nur für Fans des japanischen Films ein Genuss.
(Den Beitrag zur  Verfilmung aus dem Jahr 1983 von Bayram Yildirim kann man hier nachlesen)

DVD-Cover (von www.trigon-film.org)
DVD-Cover (trigon-film)

Narayama Bushikô von Keisuke Kinoshita aus dem Jahre 1958 erzählt eine Geschichte, welche auch heutzutage unterhält. Narayama Bushikô von Keisuke Kinoshita aus dem Jahre 1958 ist eine vom Kabuki inspirierte Inszenierung der auf dem 1956 erschienenen gleichnamigen Roman (von Shichirô Fukazawa) basierten Geschichte, welche auch heute noch erzählerischen Wert besitzt und zum Nachdenken anregt.

Doch ist diese filmische Erzählung heute noch für einen interessierten Zuschauer spannend?

Die Handlung dreht sich um die 69-Jährige Orin (Kinuyo Tanaka), welche zusammen mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf in der Nähe des Berges Narayama lebt. Da in dem Dorf eine große Nahrungsknappheit herrscht, gibt es die Sitte, dass Menschen ab 70 Jahren von einem Familienmitglied auf den Berg Narayama getragen werden, um „Gott zu treffen“. Der Film beginnt im Frühjahr, als Orin für ihren verwitweten Sohn Tatsuhei (Teiji Takahashi) eine neue Ehefrau sucht und diese in Tamayan (Yûko Mochizuki) mithilfe eines Boten aus dem Nachbardorf findet. Orin möchte unbedingt, dass ihr Sohn sorgenfrei leben kann, da sie, sobald das neue Jahr beginnt, den Berg Narayama besteigen möchte.

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Saga no Gabai Baachan: Das Leben – eine Frage der Einstellung

Foto Cover "Saga no Gabai Baachan"
Foto DVD-Cover „Saga no Gabai Baachan“

Lena Holzapfel stellt uns die Filmadaption des Bestsellers Saga no Gabai Baachan vor. In ihrer Rezension begleitet sie den jungen Akihiro auf seiner Reise in das ländliche Saga der Nachkriegszeit, wo er mit seiner gabai („super“) Großmutter leben muss.

In einer Gesellschaft, in der das Erlangen von Reichtum und Macht unser Leben bestimmt, müssen wir uns immer wieder damit auseinandersetzen, welche Aspekte unseres Lebens wirklich wichtig sind. Unsere Umgebung gibt uns das Gefühl nie zufrieden sein zu können und immer mehr zu wollen. Trotzdem gibt es Menschen, die uns immer wieder davon überzeugen können, dass man auch mit weniger zufrieden sein kann. Auf genauso einen Menschen trifft man in dem Film „Saga no gabai baachan“ („Die super Oma aus Saga“).

In der Filmadaption des autobiographischen Romans des Comedians Shimada Yoshichi „Saga no gabai baachan“ (2006, Regie: Hitoshi Kurauchi), spielt Koichi Ikeda den Jungen Akihiro, der in der harten Nachkriegszeit bei seiner Großmutter (gespielt von Kazuko Yoshiyuki) in einer Kleinstadt namens Saga im südlichen Japan leben muss, da seine Mutter nicht dazu in der Lage ist, ihn zu versorgen. Der Film begleitet den anfangs widerwilligen und trotzigen Akihiro durch seine Jugend bei der Großmutter und bietet Einblicke in die Entwicklung ihrer Beziehung. Saga no Gabai Baachan: Das Leben – eine Frage der Einstellung weiterlesen

Tokyo Monogatari: Wohin mit den alten Eltern?

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Noriko und Shûkichi (Shôchiku 1953, via Wikimedia Commons)

Die eigenen Kinder, die man großgezogen hat – wie stehen sie zu einem im hohen Alter? Jason Blaslov stellt Ozu Yasujirôs Klassiker Tokyo Monogatari vor und sieht in ihm auch 60 Jahre nach seinem Erscheinen noch eine hohe Aktualität.

Der japanische Klassiker Tokyo Monogatari 東京物語 von Ozu Yasujirô, im Deutschen „Die Reise nach Tokyo“, behandelt das gesellschaftliche Problem der fehlenden Zuneigung und des mangelnden Respekts gegenüber den Eltern im hohen Alter. Im Erscheinungsjahr des Films, 1953, war es übliche Tradition, sich bis zum Tode um die Eltern zu kümmern. Die Tochter bzw. Schwiegertochter übernahm in der Regel diese Pflicht. Obwohl dieses System heute weitgehend überholt ist und sich Pflegeeinrichtungen gebildet haben, ist der Gedanke dieser Tradition teilweise noch in den Köpfen der Menschen in Japan erhalten, und ist in der Diskussion darüber, wie mit alten Menschen umgegangen werden sollte, immer noch präsent. Tokyo Monogatari: Wohin mit den alten Eltern? weiterlesen

Narayama bushikô: Zwischen Überleben und Opferbereitschaft

DVD von trigon-film
DVD von trigon-film

Bayram Yildirim hat sich für uns den Film Narayama bushikô (楢山節考, 1983) angesehen, einen Klassiker von Shôhei Imamura, in dem es um das Phänomen ubasute 姥捨て geht, das Aussetzen alter Menschen auf einem Berg oder irgendwo in der Einöde.

Wenn die Natur dem Menschen alles abverlangt sind es vor allem die Alten, die auf die Gunst ihrer Mitmenschen angewiesen sind. Doch wer sollte weiterleben, wenn es einfach nicht für alle reicht? Wo ist in so einer Gesellschaft Platz für Humanität und Mitgefühl und wie arrangiert sich der Schwache mit seinem Schicksal zum Wohl aller?

Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des 1983 von Imamura Shôhei gedrehten Films Narayama bushikô, in dem die 69-Jährige Orin kurz davor steht, ihren letzten Weg anzutreten. Unter diesem Titel wurde 1958 die Geschichte schon einmal von Kinoshita Keisuke verfilmt; beide Versionen beruhen auf der gleichnamigen Erzählung (auf Deutsch: „Schwierigkeiten beim Verständnis der Narayama-Lieder“, 1957) von Fukazawa Shichirō (1914–1987).  Narayama bushikô: Zwischen Überleben und Opferbereitschaft weiterlesen

Yurisai – Eigenständiges Wohnen, Erotik und Lebensfreude im Alter

Foto vom Programmheft
Foto Programmheft Yurisai

Der Film Yurisai 百合祭 („Lily Festival“, 2001) von Hamano Sachi beginnt mit dem stillen Tod einer Bewohnerin und bringt uns direkt hinein ins Geschehen. Ein Wohnheim, in dem Frauen im Alter von 69 bis 91 in Einzelappartements wohnen. Jede hat ihren eigenen Grund, nicht bei Ihrer Familie zu wohnen, viele sind verwitwet. Der Tod ist allgegenwärtig.

Nahezu liebevoll werden die Charaktere vorgestellt, fünf Bewohnerinnen, jede mit besonderen Alleinstellungsmerkmalen, die ein Wiedererkennen schon nach kurzer Zeit möglich machen. Die emotionale Bindung der Zuschauenden an die Charaktere wird durch die vielen Einblicke in ihre Hintergrundgeschichte gestärkt. Zu den Bewohnerinnen gesellen sich ihr Vermieter und dessen Frau, die nicht unbedingt die Sympathieträger des Films sind, aber dennoch unverzichtbar für das Leben im Wohnheim.

Der Alltagstrott der Damen sowie die persönliche Trauer der Hauptperson werden aufgebrochen, als ein alleinstehender Herr, Miyoshi Terujirô, einzieht. Längst vergessene Sehnsüchte werden in den Frauen wach, jede möchte ihn umsorgen und für sich haben. Der Herr seinerseits versichert jeder glaubhaft, sie sei die Einzige, die seine Gunst und Zuwendung genießen darf. Rivalität und Neid ziehen ein in das Leben der Bewohnerinnen und fordern ihre Opfer. Yurisai – Eigenständiges Wohnen, Erotik und Lebensfreude im Alter weiterlesen